Ist Ökostrom immer 100% öko?
Die Bezeichnung Ökostrom hält leider nicht immer das, was sie verspricht.
Auf dem heutigen Energiemarkt gibt es eine Vielzahl an Ökostrom-Angeboten für umweltbewusste Konsumenten. Doch in der Fülle an „grünen“ Angeboten verstecken sich viele Mogelpakete. Wer sich einigermaßen sicher sein will, 100-prozentigen Ökostrom zu beziehen, der muss sich an zertifizierten Produkten orientieren.
Eine Zertifizierung gilt derzeit als die einzige Lösung, den Ökostrommarkt transparenter zu gestalten und Garantien für die Produktqualität zu geben. Es handelt sich dabei um Qualitätssiegel für Tarife auf dem Ökostrommarkt. Diese werden durch unabhängige Gutachter erstellt. Beurteilt werden lediglich die betreffenden Produkte und nicht die jeweiligen Unternehmen.
Das Gütesiegel „Grüner Strom-Label“ ist das erste Ökostromlabel in Deutschland und wird vom Grüner Strom Label e.V vergeben. Hinter dem Verein stehen gemeinnützige Umwelt- und Verbraucherverbände sowie Friedensorganisationen, u.a. NABU, BUND, EUROSOLAR und die Verbraucher Initiative. Zertifiziert wird Ökostrom mit Mehrwert, das heißt die garantierte Erzeugung und Lieferung von Ökostrom aus 100% erneuerbaren Energiequellen. Die sogenannte „Umetikettierung“, ein Prozess, bei dem Herkunftsnachweise und Strom getrennt werden und der Anbieter dadurch seinen aus Kohle- und Atomkraftwerken bezogenen Strom als Ökostrom vermarkten kann, wird somit ausgeschlossen. Damit sorgt das Label für mehr Transparenz im Ökostrommarkt. Zusätzlich bietet es die Sicherheit, dass der enthaltene Aufpreis (Förderpreis) tatsächlich einen Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Energien leistet: neben der Weiterentwicklung und dem Neubau von Anlagen zur Erzeugung von Ökostrom werden innovative Energiewende-Projekte gefördert. Der Verbraucher kann sich somit sicher sein, dass er durch den Bezug eines Ökostromproduktes, das mit dem Gütesiegel ausgezeichnet ist, Zukunftstechnologien mitgestaltet.
Bisher wurden bereits 75 Millionen Euro in mehr als 1.400 ökologische Projekte investiert. Ein Ökostromtarif mit Grüner Strom Label garantiert somit einen tatsächlichen Umweltnutzen. Derzeit gibt es etwa 75 zertifizierte Ökostromtarife.
Neben dem Label für Ökostromtarife vergibt der Grüner Strom Label e.V. ein Siegel für Biogastarife, das „Grünes Gas-Label“.
Das ok-power-Siegel soll dem Verbraucher Aufschluss über die Herkunft seines Stroms – nämlich zu 100 % aus erneuerbaren Energiequellen – garantieren. Gesichert wird außerdem, dass die Energiewende aktiv vorangetrieben wird. Das Gütesiegel wird von EnergieVision e.V. vergeben, einem gemeinnützigen Verein zur Förderung von Nachhaltigkeit und Markttransparenz in der Energiewirtschaft. Das Label arbeitet mit einem Zuschussmodell: wer sich für einen zertifizierten Ökostromtarif entscheidet, zahlt pro Kilowattstunde (kWh) einen bestimmten Aufpreis. Dieses Geld wird für den Neubau von REG-Anlagen (Anlagen, mit denen regenerativer Strom erzeugt wird) verwendet. Die Vergabekriterien für das ok-Power-Siegel sind streng: ihr Schwerpunkt liegt auf der Garantie, dass die zertifizierten Stromprodukte wirklich zur Entlastung der Umwelt beitragen.
Das Siegel ok-power + zeichnet Ökostromtarife von reinen Ökostromanbietern aus. Diese Anbieter beliefern mindestens alle nicht-lastganggemessenen Abnahmestellen mit ok-power-zertifiziertem Ökostrom.
Während ok-power ein reines Produktsiegel ist, das für einzelne Ökostromtarife vergeben wird, vereint ok-power-plus Produkt- und Anbietersiegel in einer Auszeichnung.
Auch die TÜV-Gesellschaften verleihen verschiedene Zertifikate an Energieversorger, die ihren Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen und bestimmte Kriterien erfüllen. TÜV NORD und TÜV SÜD setzen dabei auf unterschiedliche Standards. Besonders der TÜV SÜD spezialisiert sich auf Zertifikate mit ausdifferenzierten Vergabekriterien, während der TÜV Nord nach einer Basisrichtlinie des Dachverbands der TÜV-Gesellschaften aus dem Jahr 2005 zertifiziert.
TÜV NORD
Die Zertifizierung „Geprüfter Ökostrom“ wird vom TÜV NORD CERT an seriöse Energieversorger vergeben, die mit ihren Produkten regenerative Energien fördern. Der angebotene Strom muss dafür aus 100 Prozent erneuerbaren Energien stammen. Zusätzlich wird ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass der Anbieter den Ausbau derselben unterstützt und Nachvollziehbarkeit und Transparenz für den Verbraucher gegeben sind. Das zugehörige Prüfzeichen soll somit als Anhaltspunkt für Vertrauen und Glaubwürdigkeit stehen und eine Orientierung auf dem Ökostrommarkt bieten.
TÜV SÜD
Auch die TÜV SÜD-Gruppe bietet eine Ökostrom Produkt-Zertifizierung für Ökostromanbieter an, die ihre Stromprodukte aus erneuerbaren Energiequellen beziehen und den Ausbau regenerativer Kraftwerke unterstützen, um die Energiewende voranzutreiben. Differenziert werden die Standards EE01 und EE02, die mit verschiedenen Anforderungen verbunden sind. Bei beiden gilt das „TÜV SÜD- Netto-Prinzip“: der gesamte Eigenverbrauch der Energieerzeugung des Anbieters muss durch Erneuerbare Energieträger gedeckt werden.
Produkt EE01: „Zertifizierung von Stromprodukten aus Erneuerbaren Energien mit Neuanlagenkomponente“
Der Zertifizierungsstandard EE01 bezieht sich ausschließlich auf Produkte mit Neuanlagenkomponente. Dies bedeutet, dass entweder eine direkte Förderung durch Investition in neue Anlagen oder eine indirekte Förderung vorliegt, indem Strom aus Neuanlagen oder mit Technologiemix bezogen wird. Zusätzlich müssen Preisaufschläge mindestens zu 75 % in den Ausbau Erneuerbarer Energien fließen. Als weiterer Kriterienpunkt kommt die Regionalität von Verbrauch und Erzeugung des Stroms hinzu, die zur regionalen Wertschöpfung beiträgt.
Produkt EE02: „Zertifizierung von Stromprodukten aus Erneuerbaren Energien mit zeitgleicher Produktion“
Nach Kriterien des Standards EE02 werden Stromprodukte zertifiziert, die den Jahresverbrauch zu 100% aus regenerativen Energien garantieren und zeitgleich zum Verbrauch die Einspeisung von mindestens derselben Leistung aus Erneuerbaren Energien stattfindet. Konventionelle Kraftwerke zur Stromerzeugung werden somit überflüssig. Auch bei der Zertifizierung nach diesem Standard ist der Versorger dazu verpflichtet, mindestens 75 % der Preisaufschläge seines Ökostromproduktes in den Ausbau Erneuerbarer Energien zu investieren. Die Regionalität wird darüber hinaus mit berücksichtigt.
Die Internetplattform EcoTopTen des Ökoinstituts Freiburg bezeichnet sich selbst als „die Plattform für ökologische Spitzenprodukte“. Sie vergibt kein eigenes Zertifikat, aber gibt Produktempfehlungen, die besonders hohe ökologische Standards einbeziehen. Neben Empfehlungen und Bestproduktelisten zu Beleuchtung, Wärme, Haushaltsgeräten, Lebensmitteln, Textilien und Mobilität kommt auch die Kategorie Strom nicht zu kurz. Hier werden Ökostromangebote nach den Kriterien Qualität, Preis, Ökologie, Sozialverträglichkeit und Unterstützung eines umweltfreundlichen und kostensparenden Gebrauchs bewertet.
Im Hinblick auf ökologische Kriterien steht im Fokus, dass sich der Anbieter nicht an Atom- und Kohlekraftwerken beteiligt und selbst Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt bzw. vom Erzeuger aufkauft. Wichtig dabei ist der Ursprung zu 100 % aus EE-Anlagen bzw. zu maximal 50 % aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die ökologische Mindeststandards einhalten müssen. Zusätzlich muss das Ökostromprodukt einen Beitrag zur Energiewende leisten, indem es den Bau von Neuanlagen unterstützt oder die Förderung der Systemintegration erneuerbarer Energien bewirkt. EcoTopTen listet verschiedene Anbieter mit den zugehörigen Ökostromtarifen in einer Tabelle, in der neben wichtigen anderen Eckdaten, wie Mindestvertragslaufzeit, Preisgarantie und Gesamtkosten die jeweiligen Zertifikate aufgeführt werden. Somit bietet die Plattform einen guten ersten Überblick über Ökostromtarife mit zertifiziertem Umweltnutzen.
Worauf achten beim Ökostrom-Tarif?
Wer sich für einen Ökostromtarif entscheidet, möchte einen Beitrag zum Umstieg auf erneuerbare Energien leisten. Es geht darum, umweltfreundlichen Strom zu fördern und konventionelle Energieträger bewusst zu vermeiden. Dabei unterscheidet sich der Nutzen von Tarif zu Tarif. Bei der Entscheidung für einen Anbieter sollten daher die eigenen Interessen vorab geprüft werden.
Hier gilt es zu fragen: Welcher Energieversorger steckt hinter dem Angebot? Heute haben fast alle Unternehmen eigene Ökostromtarife. Auch große Energiekonzerne oder Stadtwerke, die sonst auf konventionelle Energie setzen, bieten ihren Kunden Ökostrom-Tarife an. Hier verdient der Versorger also noch möglicherweise an Atom- oder Kohlestrom und Co. Wer das also nicht indirekt fördern will, ist bei reinen Ökostromanbietern besser aufgehoben. Für wen hingegen auch regionales Engagement wichtig ist, für den können sich auch Tarife der lokalen Stadtwerke eignen. Diese fördern häufig lokale Projekte und investieren in die Region. In unserem Ökostrom-Tarifrechner bieten wir Ihnen einen Überblick über Ökostrom-Anbieter und -Tarife. Zudem können Sie anhand der Kriterien des Energieverbraucherportals die Punkte des Versorgers zu seinem regionalen, sozialen und Umwelt-Engagement ersehen.
Entscheidend sollte auch die Herkunft des Stroms sein. Über Zertifikate-Handel an der Strombörse kann sich konventioneller Strom nämlich schnell als Ökostrom ausgeben. Dabei wird mit sogenannten Herkunftsnachweisen gehandelt, die Kunden dazu dienen sollen, den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix zu erkennen. 100 Prozent Ökostrom eines Anbieters können so schnell bedeuten, dass ein Energieversorger eigentlich Kohle verstromt, aber Zertifikate eines schwedischen Wasserkraftwerks gekauft hat. So unterstützt man mit dem Tarif das schwedische Wasserkraftwerk, aber gleichzeitig zudem die konventionelle Energiegewinnung des Stromversorgers. Auch dem generellen Ausbau von erneuerbaren Energien kommt der Tarif nicht zugute.
Unter dem Begriff Ökostrom wird generell die Stromerzeugung aus erneuerbaren (auch regenerativ genannt) Energiequellen verstanden. Erneuerbare Energien umfassen viele Quellen. Dazu gehören:
- Windenergie
- Wasserkraft
- Sonnenkraft
- Biomasse, wie Holz und Pflanzen
- Erdwärme
Den größten Anteil in Deutschland hat dabei die Windkraft. Wie alle anderen Energieträger gibt es auch für Ökostromquellen Vor- und Nachteile. Windräder können für Vogelschwärme gefährlich werden, der Lärm von nahen Anlagen kann Anwohnern zusetzen. Für die Herstellung von Solarmodulen können wiederum hochtoxische Schadstoffe eingesetzt werden. Biomasse hat eine schlechtere CO2-Bilanz als andere regenerative Energien. Auskunft über die Zusammensetzung des Ökostroms geben die Anbieter.
Einige Ökostromanbieter fördern gezielt den Ausbau regenerativer Energien und bringen so die Energiewende voran. Das funktioniert entweder, indem ein Teil der Einnahmen aus den Stromtarifen in den Bau neuer Anlagen fließt, oder aber durch Verträge mit Lieferanten, die mit ihren Ökokraftwerken ein Höchstalter nicht überschreiten dürfen.
Als Entscheidungshilfe dient auch eine Vielzahl an Siegeln für Ökostrom. In unserem Überblick stellen wir die wichtigsten vor.