Verbraucherthemen

„Ist das noch gut?“: Lebensmittelverschwendung unter der Lupe

/ Jule Krause

11 Millionen Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr in Deutschland weggeworfen. 2,5 Millionen Tonnen davon landen im Müll, weil sie nicht rechtzeitig verkauft wurden. Pro Kopf verschwenden wir damit 55 Kilogramm Lebensmittel jährlich im Wert von rund 235 Euro. Der Endverbraucher selbst ist damit der größte Verschwender, gefolgt von Industrie und Handel.

Ende Januar hatte ein Vorfall im bayerischen Olching für Schlagzeilen und Diskussionsstoff gesorgt: Zwei Studentinnen waren für verurteilt worden, nachdem sie beim sogenannten illegalen Containern erwischt worden waren. Die jungen Frauen hatten den Müllcontainer eines Supermarkts aufgebrochen und Lebensmittel im Wert von 100 Euro mitgenommen. Ihre Begründung: Die Verschwendung von Lebensmitteln sei moralisch nicht vertretbar. Jetzt haben sie eine Petition gestartet und fordern eine Gesetzesänderung. Ist das gerechtfertigt? Wir liefern ein Überblick über die Fakten und die aktuelle Situation.

Von der Erzeugung bis zum Privathaushalt: Lebensmittelverschwendung überall

Lebensmittelverschwendung gibt es auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette. In der Erzeugung und Verarbeitung werden viele Produkte aussortiert, da sie den optischen Anforderungen nicht gerecht werden, indem sie etwa zu klein oder zu krumm sind. Oft werden auch nur einzelne Teile verwertet, der Rest wird weggeschmissen. Beim Transport und bei der Lagerung haben es sensible Lebensmittel besonders schwer. Eine Druckstelle und schon hat ihr Weg ein Ende, bevor der Supermarkt überhaupt erreicht wurde.
Im Handel werden verderbliche Waren und beim Transport beschädigte Güter sofort aussortiert. Dies passiert auch, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Auch Kantinen, Mensen und Restaurants sind vorne mit dabei, was Lebensmittelverschwendung angeht. Nicht aufgegessenes Essen, Reste vom Buffet oder aus dem Lager werden weggeschmissen, da bestimmte hygienische Standards eingehalten werden müssen.
Beim Endverbraucher im Privathaushalt werden Lebensmittel oft falsch gelagert, in zu großen Mengen eingekauft oder schlichtweg oft falsch eingeschätzt, ob sie noch „gut“ sind.

Lebensmittelverschwendung ist umwelttechnisch, ethisch und wirtschaftlich bedenklich

Doch was ist eigentlich das Problem dabei? Lebensmittelverschwendung zieht ökologische und ökonomische Folgen mit sich. Das Stichwort ist hier Ressourcenverschwendung. Werden Güter weggeworfen, wird immer mehr nachproduziert - Rohstoffe, Energie und Wasser werden verbraucht. Viel mehr als eigentlich nötig, wenn man bedenkt, dass viele Lebensmittel entsorgt werden, obwohl sie eigentlich noch vollkommen in Ordnung sind. Das belastet vor allem die Umwelt. Macht man sich klar, dass in vielen Teilen der Erde die Ressourcen sowieso schon knapp sind und viele Menschen Hunger leiden, wiegt die Verschwendung hierzulande auch aus ethischer Sicht einiges schwerer.

Die Politik setzt (noch) auf Freiwilligkeit und Informationsangebote

Die UNO und die Bundesregierung haben sich vorgenommen, die Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren. Dazu hat man eine „Nationale Strategie zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung“ beschlossen, bei der Millioneninvestitionen in die Forschung zur Entwicklung intelligenter Verpackungen fließen sollen. Unternehmen sollen darüber hinaus freiwillig ihre Lebensmittelabfälle in der Produktion und beim Transport minimieren. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat eine Internetseite zur Lebensmittelverschwendung ins Leben gerufen, auf der sich Verbraucher ausführlich zum Thema informieren können. Eine weitere Homepage gilt als erster Schritt der gemeinsamen Strategie von Bund und Ländern zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte die Maßnahmen angekündigt, Kritik kommt von den Grünen, die die Unverbindlichkeit der Vorhaben bemängeln.

Verbraucher können und sollten Lebensmittelverschwendung vermeiden

Abseits von der Politik, kann schon jetzt jeder Einzelne dazu beitragen, dass die Lebensmittelverschwendung in Deutschland weniger wird. Onlineshops und einige Läden verkaufen beispielsweise Lebensmittel, die das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits überschritten haben, aber noch problemlos genießbar sind. Auch verschiedene Lebensmittelapps, wie Too good to go, RESQ und Mealsaver nehmen sich der Problematik an: vor allem in größeren Städten bieten Bäckereien, Supermärkte und Restaurants über die App übrig gebliebenes Essen, was sonst in der Tonne landen würde, zum kleinen Preis an. Auch die Initiative „Foodsharing“ sagt der Lebensmittelverschwendung den Kampf an. Als angemeldetes Mitglied kann man Essenskörbe abholen oder abholen lassen. Außerdem helfen sogenannte Fair-Teiler, Lebensmittel zu retten: An verschiedenen öffentlichen Orten stehen Kühlschränke, Regale oder auch Fahrräder, an denen sich jeder bedienen oder auch Sachen hineinlegen darf, die er nicht mehr aufbrauchen kann oder möchte.

Abgesehen davon sollte darauf geachtet werden, das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mit dem Verbrauchsdatum zu verwechseln: während Fisch und Fleisch immer mit einem Verbrauchsdatum versehen sind, bis zu dem die Produkte auch wirklich verzehrt werden sollten, ist das Mindesthaltbarkeitsdatum lediglich ein Richtwert, bis zu dem der Hersteller dafür garantiert, dass das Produkt von der Konsistenz, dem Geschmack und der Farbe her noch genau so ist, wie er es versprochen hat. Danach sind viele Lebensmittel allerdings noch lange nicht schlecht! Besser sollte man sich auf die eigenen Sinne verlassen und nach eingehender Betrachtung, einem Geruchs- und Geschmackstest beurteilen, ob ein Produkt noch genießbar ist.

Weitere Quellen:
Artikel aus dem Spiegel
Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu Lebensmittelverschwendung
Webseite Lebensmittel wertschätzen!
Webseite der Intitiative Foodsharing

Zwei interessante Reportagen des Bayrischen Rundfunks zum Thema:
Reportage gegen Lebensmittelverschwendung
Reportage zu Mindesthaltbarkeitsdaten bei Lebensmitteln​​​​​​​

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