Bund zeigt sich unbeirrt beim Bau von Nord Stream 2
Innerhalb der Europäischen Union sind es nicht nur die Osteuropäer wie Polen und Litauen, die sich gegen die Fertigstellung der russischen Gas-Pipeline zu Wehr setzen - auch Frankreich hat nun die Seiten gewechselt. Die Festnahme des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und die massenhaften Verhaftungen seiner Anhänger führten zur Forderung der französischen Regierung, das Pipeline-Projekt zu stoppen. Zwar gehört der französische Energiekonzern Engie zu den Investoren der Gaspipeline und hat bereits rund 950 Millionen Euro in deren Bau investiert, jedoch deckt Frankreich rund 70 Prozent seines Strombedarfs aus Atomenergie und ist deshalb weniger auf Erdgas angewiesen. Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune gab an, dass sein Land immer große Bedenken bei dem Projekt gehabt habe. Die Entscheidung läge aber bei Deutschland.
US-Präsident Joe Biden signalisiert nun Gesprächsbereitschaft
Bereits Ende 2019 hatte Washington unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump vor einer deutschen Abhängigkeit von russischem Gas und negativen Auswirkungen auf die osteuropäischen Staaten gewarnt. Aufgrund der verhängten US-Sanktionen musste damals der Pipelinebau ausgesetzt werden. Weil ein russisches Verlegeschiff für den Weiterbau eingesetzt wird, wurde einen Tag vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden mit neuen Strafmaßnahmen gedroht.
Die aktuelle US-Regierung spricht sich nach wie vor gegen die Lieferung des russischen Gases durch die Ostsee aus. Laut US-Präsidenten Joe Biden wäre allerdings die Aufhebung der US-Sanktionen unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dafür solle Deutschland einen Vorschlag machen, der die Bedenken der USA ausräumen würde. Denn laut den Amerikanern könnte Russland Druck auf die Ukraine und andere osteuropäische Länder ausüben, wenn weniger Gas durch eine andere Pipeline in diesen Ländern gefördert wird und somit Transitgebühren ausbleiben. Für diesen Fall schlägt die US-Regierung eine Art Abschaltmechanismus vor, indem Deutschland die Erdgaslieferung von Nord Stream 2 aussetzt.
Kritiker behaupten, die USA haben andere Pläne und wollen ihr Schiefergas aus der Frackingproduktion zu höheren Preisen in den europäischen Gasmarkt bringen.
Bund plant den Weiterbau der Pipeline trotz Widerstand
Trotz aller Kritik beabsichtigt die Bundesregierung keine Einstellung des Weiterbaus der russischen Gas-Pipeline. Das Vorgehen des Kremls gegen russische Regierungskritiker wird zwar verurteilt, stehe aber in keinem Zusammenhang für den Weiterbau der Pipeline: "Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Fall Nawalny und Nord Stream 2 besteht nicht", so Regierungssprecher Steffen Seibert. Für die Bundesregierung sei es ein wirtschaftliches Projekt, das den Deutschen die Energieversorgung garantiert. Dafür bedarf es der Zusammenarbeit deutscher Unternehmen mit dem russischen Energiekonzern Gazprom.
Doch die umstrittene Entscheidung der Bundesregierung das Projekt fortzusetzen, löst auch innerhalb von Deutschland viel Kritik aus. So teile Renata Alt von der FDP der Deutschen Welle (DW) mit, dass es wichtig sei, den Pipeline-Baustopp zu fordern. Die Grünen und einige CDU-Mietglieder haben sich ebenso dagegen ausgesprochen, darunter die ehemaligen CDU-Vorstandskandidaten Norbert Röttgen und Friedrich Merz.
Naturschutzbund Deutschland (NABU) will mit Klage den Weiterbau der Ostsee-Pipeline stoppen
Die Kritik an dem deutsch-russischen Milliarden-Projekt beschränkt sich nicht nur auf die geopolitischen Auswirkungen und Menschenrechtsverstöße in Russland, sondern prangert auch den Eingriff in die sensible Meeresumwelt der Ostsee an. Der NABU hat daher Klage gegen Nord Stream 2 eingereicht, da die Gaspipeline nachteilige Auswirkungen auf das Ökosystem in der Ostsee habe.
Bereits 2018, als mit dem Bau der Pipeline begonnen wurde, sprach der NABU sich vehement gegen das Projekt aus. Die Schäden, die aufgrund der Trassenführung durch fünf Meeresnaturschutzgebiete verursacht werden, seien für die Meeresumwelt irreparabel. Aus Sicht des Naturschutzbundes würden wegen der Pipeline mehrere naturnahe Schutzgebiete leiden. Der NABU klagt aber auch aus anderen Gründen: Das Genehmigungsverfahren sei fehlerhaft und es gebe keinen Bedarf für eine weitere Pipeline. Im Falle einer erfolgreichen Klage darf die Pipeline möglicherweise nicht betrieben werden. Dies wäre eine erfreuliche Nachricht für die Klimaschutzpolitik. Auch wenn die Klage den frühestmöglichen Weiterbau der Pipeline nicht verhindern sollte, handelt Nord Stream 2 wegen des noch laufenden Verfahrens auf eigenes Risiko, so NABU.
Quellen:
Beitrag der Deutschen Welle
Mitteilung von NABU
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