Nach­hal­tig­keit & In­no­va­ti­on

Nach­hal­ti­ge Wohn­kon­zep­te: aut­ar­ke Häu­ser der Zu­kunft

Das Zukunftsszenario ist bekannt und für den ein oder anderen sicherlich erschreckend: mit wachsender Bevölkerung ziehen immer mehr Menschen in die Metropolen, Hochhäuser sprießen wie Bäume aus der Erde, der Wohnraum wird knapper und die Suche nach neuen Wohnmöglichkeiten und Lebensräumen immer wichtiger. Wir nehmen die Energiezukunft im Wohnraum genauer unter die Lupe.

Vor al­lem zu Zei­ten, in de­nen die En­er­gie­wen­de nicht mehr weg­zu­den­ken ist, ent­wi­ckeln sich al­ter­na­ti­ve Wohn­kon­zep­te im­mer mehr zu rea­len Mög­lich­kei­ten an­statt un­vor­stell­ba­rer Uto­pie. Im Mit­tel­punkt ste­hen da­bei aut­ar­ke Funk­ti­ons­wei­sen, die eine de­zen­tra­le Selbst­ver­sor­gung si­cher­stel­len und da­bei ein be­son­de­res Au­gen­merk auf den Um­welt­schutz le­gen. Grund ge­nug für uns ei­ni­ge in­ter­es­san­te und zu­kunfts­wei­sen­de Wohn­ide­en vor­zu­stel­len.

Earthships: nach­hal­ti­ge Öko­häu­ser mit Zu­kunfts­per­spek­ti­ve

Als bahn­bre­chen­de Idee er­schei­nen sogenannte Earthships: Öko­häu­ser, ent­wi­ckelt vom ame­ri­ka­ni­schen Ar­chi­tek­ten und Vi­sio­när Mi­cha­el Reynolds, die aut­ark funk­tio­nie­ren. Das Haus heizt sich dem­entspre­chend sel­ber, lie­fert sein ei­ge­nes Was­ser, re­cy­celt sei­ne Ab­fäl­le und  pro­du­ziert so­gar ei­ge­ne Nah­rungs­mit­tel. Ein ex­ter­nes Strom­netz, Was­ser­ver­sor­gung, Hei­zung und Kli­ma­an­la­ge wer­den über­flüs­sig. Zu­sätz­lich wer­den re­cy­cel­te, na­tür­li­che Ma­te­ria­li­en wie bei­spiels­wei­se Au­to­rei­fen, Erde und Lehm, als Bau­ma­te­ri­al ver­wen­det, um ei­nem glo­ba­len Pro­blem ent­ge­gen­zu­wir­ken: rie­si­ge Müll­ber­ge, die die Um­welt ver­schmut­zen. 1971 bau­te Reynolds sein ers­tes energieautarkes Haus aus Abfall und wur­de zu­nächst be­lä­chelt; mitt­ler­wei­le gibt es be­reits ca. 100 sol­cher Häu­ser in New Me­xi­co, wo al­les be­gann. Auch in an­de­ren Län­dern rund um den Glo­bus ist das Kon­zept an­ge­kom­men.

Un­ter dem so ent­ste­hen­den Mot­to „Nach­hal­ti­ges Bau­en, Ler­nen, Le­ben“ hat sich auch eine klei­ne Grup­pe im Nord­os­ten Ba­den-Würt­tem­bergs die Idee zu Her­zen ge­nom­men. In Zu­sam­men­ar­beit mit Reynolds und sei­ner Fir­ma Earthship Bio­cul­tu­re ent­stand 2014 das Pro­jekt „Earthship Tem­pel­hof“, der Bau ei­nes Earthship-Pro­to­typs, wis­sen­schaft­lich be­glei­tet von Dipl. Ing. Ar­chi­tekt Ralf Mül­ler im Rah­men sei­ner Mas­ter­ar­beit am Lehr­stuhl für Bau­phy­sik an der Uni­ver­si­tät Stutt­gart. Die Grund­über­zeu­gung: ge­mein­schaft­lich öko­lo­gisch le­ben, das Be­wusst­sein über nach­hal­ti­ges Bau­en und Woh­nen stär­ken und in die­sem Sin­ne eine In­spi­ra­ti­ons­quel­le für ähn­li­che zu­kunfts­fä­hi­ge Pro­jek­te sein. Das Gan­ze ist ein so­zia­les Ex­pe­ri­ment: die Be­woh­ner woh­nen in Bau­wa­gen, die sich zu ei­nem ge­dach­ten Haus­kom­plex zu­sam­men­fü­gen und tei­len ei­nen gro­ßen Teil ih­res Le­bens in Ge­mein­schafts­räu­men. Seit Früh­jahr 2016 le­ben hier 28 Men­schen je­den Al­ters ge­mein­schaft­lich zu­sam­men und ex­pe­ri­men­tie­ren mit ih­rer Um­welt und Le­bens­wei­se.

Ein Dorf aus aut­ar­ken Häu­sern: Re­Gen Vil­la­ges

Ei­nem ähn­li­chen Kon­zept folgt ein selbst­ver­sor­gen­des Dorf namens ReGen Villages, ent­wi­ckelt vom US-ame­ri­ka­ni­schen Un­ter­neh­mer Ja­mes Ehr­lich und dem dä­ni­schen Ar­chi­tek­ten­bü­ro EFFEKT. Der ers­te der­ar­tig ge­stal­te­te Le­bens­raum soll bei Al­me­re in den Nie­der­lan­den ent­ste­hen: 25 Wohnhäuser auf ei­ner Flä­che von rund 15.000 Qua­drat­me­tern sind hier als Pi­lot­pro­jekt ge­plant. Im Kern steht auch bei die­sem Pro­jekt ein aut­ar­kes Sys­tem, wel­ches mehr En­er­gie­pro­duk­ti­on als -ver­brauch ver­spricht. Ge­ar­bei­tet wird mit er­neu­er­ba­ren En­er­gi­en, neu­ar­ti­gen En­er­gie­spei­chern, ver­ti­ka­len Gär­ten, so­ge­nann­ten Aqua­po­nics (eine platz­spa­ren­de Kom­bi­na­ti­on aus Fisch- und Pflan­zen­zucht), Was­ser­ma­nage­ment- und Re­cy­cling­s­ys­te­men. Für die Le­bens­mit­tel­ver­sor­gung gibt es sai­so­nal be­wirt­schaf­te­te Gär­ten und Ge­wächs­häu­ser; Glas­häu­ser um die Wohn­ge­bäu­de her­um er­mög­li­chen Le­bens­mit­tel­an­bau das gan­ze Jahr über. Zur Er­näh­rung der Tie­re dient Bio­ab­fall. So­lar- und Bio­gas­an­la­gen sor­gen für die De­ckung des En­er­gie­be­darfs, auch an de­zen­tra­len Spei­cher­mög­lich­kei­ten für den Strom soll es nicht man­geln. Die Was­ser­ver­sor­gung wird durch auf­be­rei­te­tes Re­gen­was­ser si­cher­ge­stellt. Bei der Ge­stal­tung des ge­sam­ten Dor­fes wird nichts dem Zu­fall über­las­sen, wie der Auf­bau des Dor­fes zeigt. Die Häu­ser sind im Kreis an­ge­ord­net, Ge­wächs­häu­ser, Gär­ten und Aqua­po­nics be­fin­den sich im Zen­trum, dar­um sind Ge­mein­schafts­ein­rich­tun­gen, wie Spiel­plät­ze, Parks und Schwimm­bä­der, plat­ziert. An die um­welt­freund­li­che Mo­bi­li­tät der Dorf­be­woh­ner wur­de eben­so ge­dacht: sie sol­len nicht mit her­kömm­li­chen Au­tos un­ter­wegs sein, son­dern sich mit Elek­tro­au­tos fort­be­we­gen, die mit selbst pro­du­zier­tem Ökostrom ge­la­den wer­den.

„Eco­cap­su­le“: das nach­hal­ti­ge Wohn­kon­zept für Mi­ni­ma­lis­ten

Mit et­was we­ni­ger Bau­auf­wand kommt die Wohnkapsel „Ecocapsule“ aus, die sich un­ab­hän­gig von ex­ter­nen En­er­gie­netz­wer­ken selbst ver­sor­gen kann. Die ge­ra­de ein­mal 4,48 mal 2,4 mal 2,48 Me­ter gro­ße Kap­sel sieht mit ih­rer run­den Form, den wei­ßen Hoch­glanz­flä­chen, dem schwarz ge­tünch­ten Fens­ter und der 8 Qua­drat­me­ter gro­ßen So­lar­zel­le auf dem Dach nicht nur aus wie ein Raum­schiff aus der Zu­kunft, auch die Funk­ti­ons­wei­se scheint wie von ei­ner an­de­ren Welt. Den slo­wa­ki­schen Ar­chi­tek­ten vom Ar­chi­tek­ten­bü­ro Nice&Wise, ist ein ech­ter Ge­nie­streich ge­lun­gen. Das wie ein Ei anmutende Häuschen be­steht aus Kü­che, Bett und Bad mit Nass­zel­le und WC und pro­du­ziert mit ei­ner ein- und aus­fahr­ba­ren 750-Watt-Wind­tur­bi­ne sei­nen ei­ge­nen Strom. Durch die Ei-Form und die spe­zi­el­le Be­schich­tung wird die Auf­be­rei­tung des Re­gen­was­sers zu Trink­was­ser ga­ran­tiert, denn die Haus­ober­flä­che aus ei­ner Fil­ter­mem­bran rei­nigt das Was­ser und lei­tet es zu ei­nem Tank un­ter dem Bo­den wei­ter, der es spei­chert. Das Bat­te­rie­sys­tem glänzt mit ei­ner Stär­ke von 9799 Ki­lo­watt­stun­den, zu­sätz­lich gibt es eine ma­nu­el­le Was­ser­pum­pe. Auch frie­ren muss man im Win­ter in der Eco­cap­su­le nicht, da die ge­dämm­ten Wän­de für eine an­ge­neh­me Raum­tem­pe­ra­tur sor­gen. Die Ent­wick­ler stel­len mo­men­tan 50 Stück im Jahr her, Kos­ten­punkt ca. 80.000 Euro pro Kap­sel. Mitt­ler­wei­le ar­bei­ten sie be­reits an ei­ner zwei­ten Ver­si­on mit Rä­dern und Schlep­psys­tem, um die Wohn­kap­sel mo­bil zu ma­chen.

Mo­bi­le aut­ar­ke Häu­ser: der "Wohn­wa­gon" aus Öster­reich

Ei­nen Schritt wei­ter ist die österreichische Firme „Wohnwagon“, die seit 2013 mo­bi­le Wohn­häus­chen aus Holz an­bie­tet. Le­dig­lich das Fahr­ge­stell ist aus Me­tall ge­fer­tigt. Die Wohn­wa­gons gibt es in drei ver­schie­de­nen Grö­ßen, von ei­nem klei­nen Mo­dell mit den Ma­ßen 6 Me­ter mal 2,5 Me­ter bis zu ei­ner gro­ßen Aus­füh­rung in der Grö­ße 10 Me­ter mal 2,5 Me­ter. In­ter­es­sant ist die in­di­vi­du­el­le Ab­stim­mung des Gra­des der Aut­ar­kie: ein ex­ter­ner Netz­an­schluss ist mög­lich, al­ler­dings kann auch eine aut­ar­ke Was­ser­ver­sor­gung durch ein spe­zi­el­les Sumpf­pflan­zen­dach, so­wie eine aut­ar­ke Strom­ver­sor­gung durch ein au­to­no­mes Pho­to­vol­ta­ik­sys­tem be­reit­ge­stellt wer­den. Im Bo­den des Wa­gons sind Ak­kus in­stal­liert, die zu Strom­spei­che­rung die­nen. Zu­dem sorgt eine Holz-So­lar-Zen­tral­hei­zung für die Wär­me­ver­sor­gung. Ein Ka­nal­an­schluss ist nicht un­be­dingt nö­tig, denn eine Bio-Toi­let­te mit Kom­pos­tier­mög­lich­keit dient als um­welt­freund­li­che Lö­sung. Das Un­ter­neh­men wirbt mit ver­schie­dens­ten Ein­satz­mög­lich­kei­ten des Wohn­wa­gons: als Mini-Haus für eine klei­ne Fa­mi­lie, als öko­lo­gi­sches Fe­ri­en­haus im Grü­nen, so­gar als Ho­tel­zim­mer und fah­ren­des Lo­kal soll der Wohn­wa­gon eine um­welt­freund­li­che, na­tür­li­che Al­ter­na­ti­ve zu ge­wöhn­li­chen Un­ter­künf­ten dar­stel­len. Die ver­schie­de­nen Mo­del­le kos­ten ab­hän­gig von ih­rem Aut­ar­kie­grad und ih­rer Grö­ße 50.000 bis 130.000 Euro. Das Kon­zept kann be­reits ers­te Er­fol­ge auf­wei­sen: be­gin­nend mit dem ers­ten Kun­den Ende 2014, wur­den bis Som­mer 2016 12 Wä­gen ver­kauft.

För­de­rung des Nach­wuch­ses im in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werb „So­lar De­c­ath­lon“: 2017 ge­winnt das „Neigh­bour­Hub“

Es soll mehr aut­ar­ke Häu­ser in der Zu­kunft ge­ben, dem ist sich das US-Mi­nis­te­ri­um für En­er­gie si­cher. Dem­entspre­chend kürt es alle zwei Jah­re die effizientesten und innovativsten autarken Häuserideen in sei­nem Wett­be­werb „Solar Decathlon“. Der Wett­be­werb für Stu­den­ten, der 2005 sein De­büt fei­er­te, soll über die Vor­tei­le grü­ner En­er­gi­en in­for­mie­ren. Stu­den­ten­grup­pen ent­wi­ckeln so­lar­be­trie­be­ne Ge­bäu­de, wo­bei die In­te­gra­ti­on grü­ner Tech­no­lo­gi­en und be­son­de­re De­signs im Vor­der­grund ste­hen. Die Teams kön­nen da­bei in 10 Ka­te­go­ri­en Punk­te sam­meln und müs­sen sich den Her­aus­for­de­run­gen wäh­rend ei­ner an­schlie­ßen­den Aus­stel­lungs­wo­che stel­len. Die Be­wer­tung er­folgt durch eine Jury aus Ar­chi­tek­ten; dem Ge­win­ner­team winkt ein Preis­geld von 300.000 Euro. 2017 konn­te sich das Schwei­zer Team, be­ste­hend aus ei­ner Ko­ope­ra­ti­on von vier Schu­len in der Schweiz, mit sei­nem in­no­va­ti­ven Pro­jekt „NeighborHub“ über den Sieg freu­en. Das „Neigh­bor­Hub“ ist kein Wohn­haus, son­dern ein Nach­bar­schafts­treff, der nach­hal­ti­ges Ver­hal­ten und en­er­gie­ef­fi­zi­en­te Lö­sun­gen mo­bi­li­siert und mit in­ter­ak­ti­ven Events und sei­ner mul­ti­funk­tio­na­len Flä­che die Jury über­zeu­gen konn­te.

So wird deut­lich: en­er­gie­aut­ar­ke Häu­ser sind in ganz un­ter­schied­li­chen For­men längst in der Ge­gen­wart an­ge­kom­men und ent­pup­pen sich als um­welt­freund­li­che Al­ter­na­ti­ven zu her­kömm­li­chen Le­bens­räu­men. Über­zeug­te Be­woh­ner und Be­sit­zer von der­ar­ti­gen Wohn­mög­lich­kei­ten pro­fi­tie­ren be­reits von der Selbst­ver­sor­gung durch ihre Un­ter­kunft. Pi­lot­pro­jek­te zei­gen, dass die Idee, gan­ze Wohn­ge­mein­schaf­ten und Dör­fer aut­ark und nach­hal­tig zu or­ga­ni­sie­ren, lang­sam an Zu­spruch ge­winnt. Ob sich der­ar­ti­ge Kon­zep­te lang­fris­tig durch­set­zen kön­nen, wird die Zu­kunft zei­gen.

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