Eindrücke E-World: Vernetzung, E-Mobilität und Solaranlagen für begrünte Dächer
In Halle 3 sind auch in diesem Jahr die Branchengrößen mit aufwändig konstruierten und schick in Szene gesetzten Messeständen vertreten. Man muss nicht lange suchen, um mit der E-Mobilität einen der großen Trends der Messe auszumachen. Eon zeigt neben einem futuristischen silbernen Elektro-Flitzer in Smart-Größe, der vom schwedischen Start-Up Uniti entwickelt wurde, auch einen schnittigen dunkelgrünen Roadster von MG. Zwar dürfte der Oldtimer mindestens ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel haben, nachträglich wurde jedoch ein Elektroantrieb eingebaut. Andere, wie die RWE-Erneuerbaren-Tochter Innogy oder der Ladesäulen-Produzent Wallbe legen ihren Fokus auf die Lade-Infrastruktur. Innogy präsentiert auf der E-world erstmals seine intelligente Ladestation namens eBox, die es mit oder ohne Touch-Screen für den privaten Gebrauch in der heimischen Garage oder für das Unternehmen gibt. Die Ladestationen sind nicht nur bis zu drei Mal kleiner als ihre Vorgänger, sie sind auch mit dem Internet verbunden und lassen sich so über eine App von überall her steuern und in das Smart Home integrieren. Außerdem verfügen sie über eine Lade-Autorisierung: Bei Hotels können dann beispielsweise nur Gäste ihr Auto aufladen, die über eine entsprechende PIN verfügen. Kombiniert werden können die Ladesäulen mit verschiedenen Bezahlsystemen.
Thema bei der E-World: Störung im virtuellen Windpark
Die intelligente Vernetzung von Systemen und Daten im Rahmen des Mega-Themas Smart City treibt auch die Energiewirtschaft um. Der Software-Hersteller SAP präsentiert in seinem sogenannten Intelligent Enterprise Truck, wie sich Geo-Daten für Stromversorger sinnvoll nutzen lassen. Bei einer Störung im System lässt sich mithilfe der Geo-Daten beispielsweise auf einem virtuellen Stadtplan nicht nur einsehen, bei welcher Anlage an welcher Stelle ein Fehler vorliegt, sondern auch, welche Gebäude betroffen sind. Gleichzeitig können auch verfügbare Techniker lokalisiert und sofort damit beauftragt werden, die Störung zu beheben. Ähnlich hilfreich ist die zentrale Zusammenführung von Daten auch für Betreiber von Windkraftanlagen, wie SAP-Mitarbeiter über einer 360-Grad-Videowand im Inneren des Trucks demonstrieren. Ein virtueller Windpark wird in dem Szenario von einem Unwetter, das mit Donnergrollen und plätscherndem Regen untermalt wird, heimgesucht. Die Windräder stellen sich daraufhin automatisch ab, was unmittelbar auf dem Computer-Bildschirm in der Zentrale in Form von Diagrammen ersichtlich wird. Beim Wieder-Hochfahren der Anlagen zeigt sich, dass eines der Windräder nicht die volle Kapazität aufnimmt. Der Fehler an der Turbine wird in einem schematisch dargestellten Windrad punktgenau angezeigt, so dass die Reparatur und die Bestellung der Ersatzteile direkt in Auftrag gegeben werden können.
Photovoltaik und Pflanzen
Neben etablierten Playern ist die E-world auch stets eine Bühne für kleine Unternehmen und Start-Ups. Etwas abseits in Halle 4 ist die Firma Contec zwar nur mit einem Stehtisch vertreten statt wie Uniper, Vattenfall oder Gelsenwasser mit einem eigenen Lounge-Bereich inklusive Kaffee- und Cocktail-Bar. Mit ihrer Geschäftsidee haben die Schweizer vom Thuner See aber schon große Kunden an Land gezogen. Contec baut spezielle Photovoltaik-Anlagen, die auch auf begrünten Flachdächern installiert werden können. Begrünte Dächer werden in Zeiten von Starkregen und enormer Hitze inzwischen vielerorts Teil der Stadtplanung, etwa in Berlin oder Stuttgart. Die naheliegende Kombination von Gründächern und Solaranlagen war bislang durch die Konstruktionsweise begrünter Dächer aber kaum möglich, da herkömmliche Anlagen leicht Schaden nehmen konnten. Die Solarzellen des Start-Ups Contec werden jedoch in mindestens 30 Zentimetern Höhe angebracht. Die Solarpaneele sind je nach Gegebenheiten so geneigt, dass die darunterliegenden Pflanzen zumindest zeitweise mit Sonnenlicht versorgt werden. Durch die Begrünung steigt der Energieertrag sogar um drei bis fünf Prozent, weil die Pflanzen Regenwasser absorbieren und die Photovoltaik-Anlagen von unten kühlen.
Begleitet wird die Messe stets von verschiedensten Vorträgen und Diskussionsrunden, auf der Führungs- und Fachkräfte sowie Politiker aktuelle Entwicklungen analysieren und Ausblicke geben. Die Themen reichen von der Energiepartnerschaft zwischen Nordrhein-Westfalen und Fukushima, über die klimaschonende Planung von Stadtquartieren bis hin zum technischen Aufbau intelligenter Stromnetze. Auf dem Podium des Energy Transition Forums beschäftigt sich am Mittwoch Dr. Peter Röttgen, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien BEE, mit den aktuellen Herausforderungen der Energiewende. Dabei betonte er die Bedeutung der Sektorenkopplung, also der Vernetzung unterschiedlicher Energiesektoren, für deren Gelingen. Immer wenn man Strom sage, müsse man deshalb auch den Gas- und Wärmebereich mitdenken. Röttgen plädierte zudem dafür, jetzt verstärkt in Speichertechnologien zu investieren. Als vielversprechendes Beispiel nannte er die Speicherung grüner Gase wie Wasserstoff unter Tage.
BDEW auf der E-World: Kohlekompromiss durchsetzen
Natürlich war auch der jüngst getroffene Kompromiss zum Kohleausstieg Thema auf der E-world. Die Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Energiewirtschaft BDEW, Marie-Luise Wolff, forderte von der Politik eine schnelle Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekomission. „Was wir jetzt brauchen ist eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Beschlüsse“, sagte sie. Torsten Herdan vom Bundeswirtschaftsministerium stimmte ihr zu, gab aber zu bedenken, dass es noch keine Lösung dafür gäbe, wie das Ziel eines Erneuerbaren-Anteils von 65 Prozent an der Stromproduktion bis 2030 umgesetzt werden könne.
Auf der E-world 2019 zeigt sich insgesamt eindrucksvoll, wie sehr einstmalige Zukunftsthemen wie Elektromobilität, Block Chain, Künstliche Intelligenz, Smart City, Smart Home oder Smart Grid in der Gegenwart angekommen sind. Die Aussteller präsentierten viele schon erstaunlich ausgereifte Produkte, Anwendungen und Konzepte. Eines ist jedoch sicher: Abschließende Antwort auf die drängenden Fragen der Energiezukunft werden auch auf der E-world 2020 noch nicht gefunden sein.
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