Biogas: Ein Baustein der Energiewende
Erneuerbare Energien bleiben auf dem Vormarsch: Bei der Stromerzeugung wurden 2017 mehr als ein Drittel unseres Stroms auf regenerative Art und Weise produziert. Gibt man bei der Google-Bildersuche „Erneuerbare Energien“ als Suchbegriff ein, finden sich zwei sehr bekannte „Akteure“ der boomenden Energiewende: Windkraft und Solarenergie. Erstere besitzt den höchsten Anteil an den regenerativen Energien, auf Platz 2 folgt allerdings keineswegs die Energie aus Sonnenstrahlen, sondern die Energie aus Biomasse.
Biogasanlage – Was ist das eigentlich?
Bei der also nicht zu unterschätzenden Bedeutung der zylindrisch geformten, unauffälligen Biogasanlagen lohnt es sich, sich diese genauer anzuschauen. Die erste Silbe „Bio“ ist bereits irreführend. Es geht dabei nicht um Kriterien, die an die Qualitätsstandards von Bio-Lebensmittel angelegt werden, sondern vielmehr um die Art der Stoffe, mit denen Biogasanlagen „gefüttert“ werden. In die luftdichten Anlagen kommen sogenannte biogene Abfälle (Substrate), die sowohl pflanzlicher als auch tierischer Herkunft sein können. Darunter fallen Gülle und Mist, aber auch pflanzliche Reststoffe wie Grasschnitte, Laub etc.. Zusätzlich gehören dazu noch Lebensmittelabfälle sowie sogenannte „Nachwachsende Rohstoffe“ (NawaRo) wie z.B. Mais.
In den Fermentern von Biogasanlagen werden diese Stoffe mit Mikroorganismen zusammengeführt. Die Mikroorganismen bilden aus den biogenen Stoffen neben Gärresten auch Biogas. Dieses besteht überwiegend aus Methan (CH4, 40-75%) und Kohlendioxid (CO2, 25-55%). Zusätzlich können noch Schwefelwasserstoff (H2S), Ammoniak (NH3) und weitere Gase entstehen, die einen verschwindend geringen Teil ausmachen. Je nach verwendetem Substrat variiert die Zusammensetzung des Biogases.
Um das Gas nutzen zu können, wird der Anteil des Methans angereichert. Das Methan (auch Biomethan genannt) kann dann entweder ins Gasnetz eingespeist oder in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme umgewandelt werden. Bei der Verarbeitung des Biomethans werden zwar klimaschädliche Gase wieder freigesetzt, allerdings nur der Anteil, der vorher in den biogenen Stoffen gebunden war. Biogasanlagen arbeiten – in diesem Sinne – klimaneutral.
Nachteile, über die man reden muss
Die letzten Absätze deuten es an: Energie aus Müll produzieren – was kann es besseres geben? Allerdings gibt es dabei ein paar Punkte, die bei der Gesamtbetrachtung nicht fehlen dürfen. Windkraft- und Solaranlagen benötigen nur den Platz, den sie einnehmen. Mehr Platz ist für den Betrieb der Anlagen nicht notwendig. Anders sieht es bei Biogasanlagen aus. Sie werden mit Stoffen versorgt, die einen gewissen Raum brauchen. Bestes Beispiel ist der NawaRo-Bonus, der im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgehalten wurde. Danach wurde Strom aus nachwachsenden Rohstoffe besonders vergütet. Die Folge: Immer mehr Landfläche wird beispielsweise für Maispflanzen genutzt. Es mag vielleicht klimaneutral sein, Biogasanlagen stehen damit aber in direkter Konkurrenz zur Futter- und Lebensmittelproduktion.
Zudem darf die Anfahrt für die Substrate in der Berechnung um Klimaneutralität nicht vergessen werden. Ein Beispiel hierzu aus Bremen: Der Bremer Senat hatte im vergangenen Jahr die Verwertung des Bremers Bio-Abfalls neu ausgeschrieben. Gewonnen hat dabei der bekannte Verwerter Remondis. Das Problem: deren Anlagen stehen im weit entfernten Osnabrück. Somit werden ab diesem Sommer 25.000 jährlich anfallender Biomüll von Bremen nach Osnabrück transportiert – mit diesel-betriebenen LKW. Auch wenn dieser Fall etwas extrem ist, der Transport der Rohstoffe ist nicht unwichtig für eine klimaneutrale Gesamtbilanz.
Ein weiterer Kritikpunkt ist eher um die Ecke gedacht. Biogasanlagen profitieren von der Massentierhaltung. Die gewaltigen Mengen an Gülle und Mist können von den Anlagen verwertet werden. Es gibt durchaus Bestrebungen, Massentierhaltung an sich einzudämmen, doch weniger Massentierhaltung bzw. generell geringere Tierhaltung bedeutet auch weniger „Treibstoff“ für die Biogasanlagen. Ein Ausbau von Massentierhaltung würde auch den Biogasanlagen zu Gute kommen.
Biogas kann trotzdem eine große Rolle spielen
Haben Biogasanlagen trotzdem Vorteile? Die Antwort: Ja, jede Menge. Die meisten biogenen Abfälle, die sowieso entstehen, können durch Biogasanlagen gleich doppelt genutzt werden. Nicht nur das entstehende Biogas wird genutzt, auch die übriggebliebenen Gärreste können als wertvoller Dünger verwendet werden, da sie viele notwendige Nährstoffe beinhalten.
Ein großer Vorteil, den das Biogas im Gegensatz zu Wind- und Solarenergie besitzt, ist die Unabhängigkeit von etwaigen Wetterverhältnissen. Egal ob die Sonne nicht scheint oder der Wind ruht, die Biogasanlage produziert weiterhin ihr Gas. Ein weiterer Vorteil: Das gewonnene Gas kann gespeichert werden. Die Speicherbarkeit von Biogas ist ein enorm wichtiger Faktor für eine gelingende Energiewende. Es ist daher überraschend, dass über Biogasanlagen im Vergleich zu Sonne und Wind so wenig gesprochen wird. Sicherlich sind die Möglichkeiten durch Biogas begrenzt, da Fläche und anfallende biogene Stoffe endlich erscheinen, dennoch punkten sie durch ihre Vielseitigkeit.
Biogas klingt super - Was kann ich als Verbraucher tun?
Es gibt keinen Haushalt, wo keine Bio-Abfälle anfallen. Leider landet der Müll oftmals einfach im Restmüll und wird schlicht verbrannt. Wer über keine eigene Kompostierungsmöglichkeit verfügt, kann in vielen Kommunen Biotonnen bestellen und so den eigenen Biomüll umweltfreundlich loswerden. Im besten Fall wird der in der Biotonne entsorgte Müll dann einer Kaskadennutzung unterzogen. Das heißt, dass der Müll nicht einfach nur kompostiert wird, sondern ebenfalls in Biogas umgewandelt wird. Die Umwelt wird sich darüber freuen.
Weitere Informationen:
Umweltbundesamt 1 | 2
Süddeutsche Zeitung
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